Presseaussendung: IOR gegen die Gentrifizierung des Reumannplatzes

Presseaussendung:

Gegen die Gentrifizierung des Reumannplatzes
Pressegespräch 5.Oktober
 
Stadt Wien und der Bezirk Favoriten wollen den Reumannplatz neu gestalten. Im Auftrag der Magistratsabteilung 19 – Architektur und Stadtgestaltung – erfolgte daher ein umfangreicher und teurer Analyse- und BürgerInnenbeteiligungsprozess, der 2017 in eine 85 Seiten starke detaillierte Funktions- und Sozialraumanalyse des Platzes sowie in einen Planungsentwurf auf Basis des Beteiligungsverfahrens mündete. Seitdem herrscht Stille um die Ergebnisse der BürgerInnenbeteiligung und die MA 19 spricht bloß von einem nicht näher spezifizierten Projektstart im Jahr 2018.

In dieses planungspolitische Vakuum um den Reumannplatz lanciert seit etwa Mitte September eine Gruppe von lokalen Unternehmern, repräsentiert von Cafetier und Fashion Shop-Betreiber Stefan Harnisch, Apotheker Reinhard Scholda, lntercoiffeur Peter Strassl und Eismacher Kurt Tichy, gemeinsam mit der Wirtschaftskammer einen menschen- und begegnungsfeindlichen Alternativentwurf. Ein Gastropavillon mit geplanten 100 Sitzplätzen soll in der Mitte des Platzes entstehen. Geplant ist gehobene Gastronomie mit Prosecco-Bar. Ein PR-Text der Unternehmergruppe spricht in diesem Zusammenhang zudem von einem „zweifelhaften Publikum“, das durch die Kommerzialisierung des Platzes verdrängt werden soll. Bezirksvorsteher Marcus Franz hat sich den Ideen der Unternehmer angeschlossen und macht aktiv PR für dieses „Prosecco-Konzept“. Gebaut soll ab Anfang 2019 werden.

Der Reumannplatz ist jedoch bereits jetzt der lebendigste und frequentierteste Platz Wiens und lebt durch die Bevölkerung seines Grätzels. Für einen solcherart ökonomisch und sozial polarisierenden Bau in der Mitte des Platzes gibt es keinen Bedarf. Architektonisch und landschaftsplanerisch widerspricht dieses Konzept allen bisher um nicht wenig Steuergeld erstellten Expertisen. Ökonomisch florieren die Gewerbebetriebe um den Reumannplatz gerade wegen dessen offener und nicht kommerzialisierter Struktur. Sozial verbindet der Platz alle verschiedenen Schichten, Alters- und Herkunftsgruppen. Die BewohnerInnen des Grätzels fühlen sich sicher und sichtlich wohl am Reumannplatz. All dies ist im Bericht der MA 19 nachzulesen.

Eine derartige Privatisierung des öffentlichen Raumes würde also weder ökonomisch noch sozial oder stadtplanerisch Sinn machen. Der Entwurf der Unternehmer und des Bezirksvorstehers steht dem Urteil der Bevölkerung und der ExpertInnen aus Wissenschaft und Ökonomie diametral entgegen. Folglich ist dadurch eine deutlich nachteilige Entwicklung des Platzes und seines Grätzels zu erwarten, was der mutwilligen Zerstörung eines funktionierenden Sozialraumes gleichkommen würde.

Die neu gegründete Initiative Offener Reumannplatz (IOR) verlangt daher die Zurückweisung des Plans der Unternehmergruppe durch die Bezirksvorstehung und den Neustart eines demokratischen Planungsverfahrens, das die Ideen sämtlicher an einer weiteren Stärkung des öffentlichen Charakters des Platzes Interessierten thematisiert.

Terminaviso:
Pressekonferenz: Initiative für einen offenen Reumannplatz
Zeitpunkt: Freitag, 5. Oktober 2018 10:00 Uhr
Ort: Reumannplatz, Bereich der überdachten, aufgelassenen Straßenbahnstation der Linie 67
Veranstalter: Initiative Offener Reumannplatz (IOR)

Nähere Details:
http://ior.kulturraum10.at

Rückfragen & Kontakt:
Initiative offener Reumannplatz (IOR) Telef. 06888120387
E-Mail: robso@chello.at

Ausstellungseröffnung: Wien wird Wow am Hauptbahnhof

Im Rahmen der Eröffnung der Ausstellung Wien wird Wow am Hauptbahnhof führte die Initiative Offener Reumannplatz (IOR) Gespräche mit Bezirksvorsteher Marcus Franz und Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou.

Das Gespräch mit dem Bezirksvorsteher ergab eine mehr als deutliche Präferenz seinerseits für den Vorschlag, einen Teil des Reumannplatzes für einen Gastropavillon zu privatisieren. Beinahe euphorisch sprach er von der Möglichkeit einer Prosecco-Bar und den vielen Vorteilen, die gehobene Gastronomie bieten würde. Er war den Argumenten der IOR nicht zugänglich, dass dies den Wünschen der Bevölkerung und den Expertisen der WissenschaftlerInnen widersprechen würde, die von der Stadt Wien selbst im Rahmen der Funktions- und Sozialraumanalyse Reumannplatz  beauftragt wurden.

Die Vizebürgermeisterin war hingegen durchaus verwundert über den Entwurf der Geschäftsleute und war der Meinung, dass wohl ein kleines Parkcafé vorgesehen war, jedoch kein Pavillon mit hundert Sitzplätzen.

Die IOR bezog Stellung für einen konsumzwangfreien und offenen Reumannplatz!

Präsentation des Gastropavillons im Wiens Favoriten Journal der Wiener Einkaufsstrassen

In einem Artikel im Journal der Wiener Einkaufsstrassen wird der Gastropavillon des Bezirksvorstehers und der Gewerbetreibenden mit dem Hinweis auf ein «zweifelhaftes Publikum», das durch die Kommerzialisierung des Planes verdrängt werden soll, vorgestellt. Die darin propagierte «Neuerfindung» des Platzes ist also auch als soziale Trennung oder Spaltung der Bevölkerung in kaufkräftige «inländische» Prosecco-Liebhaber und weniger begüterte – meist migrantische – Menschen, denen der Platz verwehrt werden soll. Alleine schon aus integrationspolitischen Gründen muss solch ein Vorhaben scharf zurückgewiesen werden.

Der groß in diesem Beitrag abgebildet Bezirksvorsteher Marcus Franz wird direkt under diesem sozial diskriminierenden Text des Beitrags mit den Worten zitiert: „Ich begrüße Qualitäts-Lösungen, die den Reumannplatz über das ganze Jahr zum zeitgemäßen Treffpunkt für alle im Bezirk machen.“

Die IOR fordert den Bezirksvorsteher auf, sich gegen dieses polarisierende, integrationsfeindliche und sozial äußerst unausgewogene Projekt zu stellen, anstatt sein wertvolles politisches Kapital für eine gesellschaftspolitisch hochproblematische ökonomische Eintagsfliege zu verspielen!